Puppenspieler: Robert Husemann
Künstlerischer Werdegang:
- klassische Gesangsausbildung 1980 – 1993 am Musikinstitut Becker in Schloss Neuhaus
- Gründung der Jugendfeuerwehr-Puppenbühne 1993, dabei dauerhafte Infizierung mit dem Bazillus Puppie (Kasperfieber)
- Gründung der “Paderborner Puppenspiele Robert Husemann” 1998, seit 2001 regelmäßiges Programm in der Kulturwerkstatt
- ab 2007 Co-Moderation mit der „Kulturratte“ bei der „Einfach-so-Show“ (offene Bühne), Mitwirkung bei Kabarett- und Comedey-Auftritten und Entwicklung von Soloprogrammen für Veranstaltungen aller Art
- ab 2010 verschiedene Musik-Figurentheater-Produktionen, mit Marionetten gespielt und life gesungen mit Szenen aus Opern wie: Zauberflöte, Entführung aus dem Serail, Figaros Hochzeit sowie Musicals wie: Phantom der Oper, Le Miserable, Cats, Mann von La Mancha, u.v.m.
Veröffentlichungen:
- 1996 Fachbuch „Handpuppenspiel in der Brandschutzerziehung“ (ab 2000 als Lehr-CD ROM, siehe: zum Umgang mit Handpuppen)
- 1997 Kasper-Hörspiel „Feuerteufel und der gelbe Sack“
- 2007 Kasper-DVD’s:
- „Ein Löwe auf Borkum … hat Zahnweh“
- „Die Prinzessin ist futsch“
- „Die kluge Bauerntochter“
Interview im “HEFTchen”
Beinahe jeden Samstag kann man in Paderborn den Kasper besuchen, und zwar in der Kulturwerkstatt, wo die Paderborner Puppenspiele ihre Aufführungen haben. Hinter dem Kasper und seinen Freunden steckt Robert Husemann, der außerdem auch mobil mit seiner Puppenbühne unterwegs ist. Bereits seit 1993 ist er mit dem „Bazillus Puppie“ infiziert. Das HEFTchen durfte die Puppen in ihrem Zuhause besuchen und bestaunen.
Geboren:
8. September 1959
Familie:
Verheiratet, zwei Söhne, die zwar inzwischen nicht mehr in Paderborn wohnen, aber zu den FAUST-Aufführungen immer noch extra anreisen, damit auch sie mitspielen können.
Beruf:
Feuerwehrbeamter (seit 1979)
Wollte als Kind werden
Eigentlich nicht Feuerwehrmann. Da seine Familie seit Generationen mit der Feuerwehr verbunden war, wusste er, dass das auch viel mit langweiligen Wachdiensten zu tun hat. Aber nach einer Schnupperschicht im Rettungswagen war er davon begeistert, denn die menschliche und soziale Seite dieses Berufs faszinierte ihn, so dass er nach einigen Umwegen doch Berufsfeuerwehrmann wurde.
Fand als Kind toll:
Die Schwester berichten schon von ersten Zauber- und Puppenaufführungen, die unter anderem deshalb so beeindruckend in Erinnerung bleiben, weil dabei angeblich eine echte „tote“ Maus verschluckt wurde! Vor allem aber die Erlebnisse als Leiter von Jugendgruppen waren prägend und schön.
Fand als Kind doof:
Nicht umsonst heißen die bösen Weiber und Hexen in seinen Stücken immer Gertrude. So hieß nämlich auch eine Lehrerin, die besonders gern Kinder piesackte und einschüchterte. Diese „Kinderseelenfresserin“ bleibt ihm in besonders schlechter Erinnerung…
Lieblingsplatz in Paderborn:
Der Haxtergrund, wo er mit Frau und Hund an fast jedem Wochenende einen langen Spaziergang macht, der unbedingt zur Kapelle Hilligenseele und ins Café Alte Schule nach Schloss Hamborn führt. In der Stadt genießt das Ehepaar Husemann im Sommer den großen Biergarten an der Pader.
HEFTchen:
Wenn ich auf den ausgefüllten Steckbrief schaue, fällt mir auf, dass Sie sich zwei klassische Jungenträume erfüllt haben – Puppenspiel und Feuerwehrmann.
HUSEMANN:
Das stimmt, aber wie ich dort auch erklärt habe, bin ich zur Feuerwehr eher auf Umwegen gekommen.
HEFTchen:
Wie hat sich die Liebe zum Puppenspiel bemerkbar gemacht? Haben Sie auch besonders gerne die Augsburger Puppenkiste geguckt?
HUSEMANN:
Ja, das war es wahrscheinlich auch. Besonders beeindruckt hat mich aber „Kasper und René“. Das waren Fernsehausstrahlungen von Aufführungen der Hohnsteiner Puppenbühne mit Friedrich Arndt. Die Bühne wurde schon in den 1930er Jahren gegründet, kam später ins Kino, in den 1960er Jahren eben auch ins Fernsehen. Die Hohnsteiner haben damals das Puppentheater nahezu revolutioniert. Vorher gab es vor allem den Jahrmarktskasper, der frech, versoffen und streitlustig war. Mit den Hohnsteinern kam mehr Leichtigkeit, aber auch eine eher pädagogische Richtung in diese Kunst.
HEFTchen:
Danach wollte ich fragen: Es gibt also bestimmte Stile, Richtungen, Schulen, oder wie man das nennen mag, im Puppenspiel?
HUSEMANN:
Genau. Meine Puppen hier sind auch zum Teil in der Art der Hohnsteiner Puppen. Manche sind sogar Originale. Bezeichnend für diese ist unter anderem, dass sie immer Blickkontakt zum Publikum halten. Dafür setzt man entweder diesen kleinen weißen Lichtpunkt in die Augen oder lackiert die Augen so, dass sich beim Spielen einer bildet. Den Lichtpunkt sieht man nämlich tatsächlich, wenn man jemandem in die Augen schaut.
HEFTchen:
Wir stehen hier in Ihrem Lager, umringt von wie vielen Puppen?
HUSEMANN:
Auf der einen Seite sind die Puppen für die Kinder-und Familienstücke. Das sind in etwa 80 Stück. Auf der anderen Seite lagern noch mehr in Kisten zusammen mit den Requisiten und Bühnenbildern. Wir spielen zurzeit etwa 22 Familieninszenierungen im Wechsel. Dazu kommen die Erwachsenenstücke und das Musiktheater.
HEFTchen:
Wie behält man denn dabei den Überblick?
HUSEMANN:
Seit heute hängt hier eine Liste, wen und was ich für jedes Stück brauche, nachdem ich ein kleines Waterloo erlebt habe. Ich hatte meinen Weihnachtsmann für eine Kindergartenaufführung umgezogen. Da dort ja meistens inzwischen weihnachtsmannfreie Zone ist, hatte ich ihn zum Nikolaus gemacht. Darüber habe ich vergessen, ihn wieder in die Weihnachtsmann-Kiste zu packen. Mitten in einer Aufführung stehe ich also da, und mir fehlt die Puppe. Die Großmutter musste dann einspringen und erzählen, dass sie sich als Vertretung die Rente aufbessert. Es ist gut gegangen, aber ich habe mir jetzt besser mal die Liste gemacht.
HEFTchen:
Und dort hängen auch noch Marionetten.
HUSEMANN:
Ja, wir haben hier ganz verschiedene Führungssystem. Wir verwenden in den unterschiedlichen Inszenierungen Handpuppen, Fadenmarionetten, direktgeführte Tischmarionetten , Handstabpuppen, Marottfiguren, Klappmaulpuppen und es gibt sogar Schattenfiguren. Ich spreche immer von „wir“, und meine natürlich meine Puppen und mich…
HEFTchen:
Mir fällt auf, dass es manche Figuren auch doppelt gibt. Hier hängen zwei fast gleiche Kasper, daneben zwei Hexen, die sich auch sehr ähnlich sehen.
HUSEMANN:
Ich habe ja auch mehrere Bühnen. Die Größeren hier sind für die Bühne in der Kulturwerkstatt und die Aufführungen auf der großen mobilen Bühne mit bis zu 100 -150 Zuschauern. Die Kleineren hier für Aufführungen auf der kleinen Bühne, die ich gerne in Kindergärten mit der „kleinen“ Bühne mit bis zu 50 Zuschauern einsetze. Da ist auch das Bühnenbild kleiner, und deshalb würden die großen Figuren wie Riesen aussehen und evtl. Angst machen. Andererseits sitzen die Zuschauer in der Kulturwerkstatt oder bei der großen Bühne auch wesentlich weiter weg, so dass dort alles ruhig etwas größer sein muss.
HEFTchen:
Verstehe. Und woher bekommen Sie Ihre Puppen?
HUSEMANN:
Manche kann ich gebraucht kaufen könne und manche sind auch extra für mich angefertigt worden.
HEFTchen:
Wie geht das dann? Haben Sie eine Figur im Kopf und lassen die genau bauen, oder gibt es mehr eine Funktion oder Rolle, für die man etwas braucht?
HUSEMANN:
Die Hexe zum Beispiel wurde nach einer Entwurfsskizze gemacht. Ich wollte gerne, dass sie ein asymmetrisches Gesicht hat. So kann ich gut ihre beiden unterschiedlichen Profile einsetzen. Von der einen Seite wirkt sie eher listig, während die andere ihre ganze Garstigkeit zeigt. Im Stück „Das Geheimnis der alten Kaffeemühle“ greife ich historische Berichte aus der Paderborner Stadtgeschichte auf. Die Figur des damals regierende Fürstbischofs Wilhelm Anton von der Asseburg entstand nach einem Originalporträt aus dem Museum für Stadtgeschichte. Allerdings hat die Münsteraner Puppenmacherin ihn älter gemacht, da die historische Geschichte ca. 20 Jahre später als das Porträt entstand. Diese Puppenmacherin ist ein besonderer Glücksfall, denn sie ist sowohl ausgebildete Bildhauerin als auch Schneiderin. Das sehen Sie an diesen sorgsam gearbeiteten Kostümen. Die Puppen hängen hinter der Bühne ja kopfüber, damit ich mit einer Hand reinschlüpfen kann. Dann kann man sie nur kurz schütteln, und dann muss jede Falte sofort sitzen.
HEFTchen:
Stimmt. Zupfen geht nicht. Darf ich neugierig fragen, was so eine Puppe kostet? Das klingt nämlich nach sehr viel aufwändiger Handarbeit?
HUSEMANN:
Früher waren sie günstiger, 200,- bis 300,- Euro, aber für die letzten habe ich fast das Doppelte bezahlt.
HEFTchen:
Wie geht es weiter, wenn die Puppen dann zu Ihnen kommen. Was machen Sie mit denen, die von woanders schon fertig angeliefert werden?
HUSEMANN:
Alle kommen in die Puppenwerkstatt und werden dann zunächst auscharakterisiert. Man schaut sie sich also an und lernt sie kennen. Dabei ordnen sich bestimmte Eigenschaften und Merkmale intuitiv zu. Der Seppel hier ist eher nachdenklich und ein bisschen behäbig. Den habe ich angeschaut und gedacht, der braucht was Bayerisches. So kam dieser Kopf zu seinem Kostüm und seiner Perücke.
HEFTchen:
Ordnen Sie ihnen auch bestimmte Stimmen oder Stimmfarben zu? Mich beeindrucken schon Hörbuchsprecher immer sehr, die diese ganzen Feinheiten einsetzen und so schnell umschalten können. Sie müssen das ja dann auch noch live können.
HUSEMANN:
Stimmfarbe ist hier das richtige Wort. Meine Gesangsausbildung kommt mir dabei sehr zugute, denn dadurch habe ich einen recht großen Stimmumfang. Außerdem habe ich viel Spaß an Dialekten und anderen sprachlichen Besonderheiten.
HEFTchen:
Haben Sie Lieblingspuppen?
HUSEMANN:
Natürlich. Manche weil sie besondere Puppen sind. Zum Beispiel habe ich ein paar Figuren von Till de Kock, der wohl der berühmteste Puppenmacher war. Vom Charakter her gefällt mir unter anderem meine Hexe Gertrude Klapperbein sehr. Als die 2006 zum Stück „Großmutters neues Kleid“ zu mir kam, habe ich sie angeschaut und gedacht, dass die sich bestimmt an keinen Text hält.
HEFTchen:
Wenn ich mir die Figuren so anschaue und nachdem was ich bisher so gesehen habe, würde ich behaupten, dass es aber im Puppenspiel gar nicht um tiefe Charaktere geht, sondern um Stereotype. Hat nicht jede Figur eher eine Charaktereigenschaft, die sie verkörpert? Gut und Böse sind doch immer klar verteilt. Dabei fällt mir auf, dass Ihnen ein Krokodil fehlt. Oder ist das da oben eins?
HUSEMANN:
Ja, das ist eins. Aber ich habe es noch für kein Stück gebraucht. Mir gab mal jemand den Rat, dass ich meinen eigenen Stil, meinen eigenen Kasper finden muss. Ich denke, bei meinen Stücken wird schon klar in Gut und Böse unterteilt, aber es ist mir wichtig zu erklären, woher das Böse kommt. Es wird dann nicht einfach vernichtet, sondern Kasper lässt ihm eher die Luft raus.
HEFTchen:
Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass Kinder das ganz gut finden, wenn das Böse am Ende ordentlich verhauen wird. Das scheint eine kathartische Wirkung zu haben. Und Sie haben mir erzählt, dass Sie „Hänsel und Gretel“ ins Programm nehmen. Da muss doch die Hexe in den Ofen, oder?
HUSEMANN:
Die muss in den Ofen, daran führt kein Weg vorbei. Wie ich das Dilemma löse, weiß ich noch nicht genau, denn ich bin grundsätzlich auch in meinen Stücken Pazifist. Die Kasperpritsche, mit der früher das Krokodil verhauen wurde, ist verwandt mit der Rute von Knecht Ruprecht. Die wiederum war ursprünglich gar nicht als Strafe gedacht. Es war ein immergrüner Zweig, und das Leben dieses Zweiges sollte durch die Berührung auf die anderen übergehen. Eine Art Lebendigmachung im grauen Winter. Deshalb bekommen bei uns die Geburtstagskinder auch ihren Kasper-Ritterschlag mit der Pritsche.
HEFTchen:
Geburtstagskinder haben bei den Vorstellungen einige Privilegien, wie ich gehört habe.
HUSEMANN:
Kinder, die in dem Monat Geburtstag haben oder hatten, in dem sie zu uns in die Kulturwerkstatt kommen, werden extra begrüßt. Dann dürfen sie besonders bequem auf einem goldenen Kissen sitzen. Außerdem gibt es einen Tusch und nach der Vorstellung den Kasper-Ritterschlag. Der soll sieben Jahre Glück bringen. Manche Kinder nehmen lieber ihre Eltern an die Hand oder schicken sie vor. In dem Fall muss das Glück natürlich geteilt werden.
HEFTchen:
Außerdem kann man in den Freundeskreis der Paderborner Puppenspiele eintreten. Was hat es damit auf sich?
HUSEMANN:
Das ist ein Angebot für Leute, denen es bei uns einfach gut gefällt und die oft kommen möchten. Dann bringen sie ihren Ausweis mit und haben immer ermäßigten Eintritt. Außerdem können sie kostenlos ein Gastkind einladen. Auch das ist mir sehr wichtig. Das Puppenspiel ist mein Hobby. Natürlich muss ich mehr oder weniger kostendeckend wirtschaften, aber ich bin nicht auf Gewinn angewiesen. Zudem bin ich der Ansicht, dass jeder, dem es gut geht, auch einen Teil seiner Zeit darauf verwenden sollte, Kindern und Jugendlichen zu helfen, denen es weniger gut geht. Deshalb verteile ich gerne Freikarten an Familien, die es sich ansonsten finanziell nicht leisten können. Manchmal bekomme ich auch Tipps aus Kitas oder anderen Einrichtungen und kann eine Familie oder Gruppe einladen.
HEFTchen:
Zu ihren verschiedenen Aktivitäten gehört auch die KNAX-Bühne, die von der Sparkasse Paderborn-Detmold unterstützt wird.
HUSEMANN:
Dieses Projekt haben wir vor inzwischen 15 Jahren ins Leben gerufen. Für die KNAX-Bühne gibt es drei spezielle Stücke, in denen Gewaltprävention thematisiert wird. Außerdem gibt es einen eigenen Puppensatz nach den Vorlagen der Comicfiguren, mit denen ich diese spiele. Mit der KNAX-Bühne besuche ich Grundschulen im Kreis Paderborn. Aber zweimal im Jahr kann man die Stücke auch in der Kulturwerkstatt sehen. Dann gibt es freien Eintritt, und zwar einmal etwa Ende Januar, wenn die Familien ihre Heizkostennachzahlungen bekommen und einmal um den Weltspartag im Herbst herum.
HEFTchen:
Kann man vom Puppenspiel auch leben?
HUSEMANN:
Es gibt ja viele Bühnen, die das tun. Dann muss man aber auch andere Angebote machen. Viele spielen dann lizenzpflichtige Stoffe, wie „Pettersson und Findus“ und andere Kinderbuchvorlagen.
HEFTchen:
Ich sag jetzt nicht wo und was, aber ich musste mal eine ganz schlimme Aufführung mit einem Stück nach einer Fernsehserie sehen. Das war nur kommerziell. Dauernd wurde Popcorn und anderes Kaufzeug angepriesen und der Handlung konnte ich nicht folgen. Ich bezweifle, dass die Kinder das konnten. Ärgert Sie sowas?
HUSEMANN:
Ein bisschen schon. Vor allem, wenn die Stücke so schlecht gemacht sind. Manchmal wird dann eine moralisierende Ansprache des Kaspers hintendran gehängt, damit sie überhaupt ankommt.
HEFTchen:
Schreiben Sie Ihre Stücke selbst?
HUSEMANN:
Entweder schreibe ich sie komplett selbst oder adaptiere sie für meine Bühne. „Bobby hat Bauchweh“ basierte beispielsweise auf einem fertigen Stück, für das ich auch die Aufführungsrechte erworben habe. Ich benutze aber nur die Spielidee davon und habe es ganz auf meine Puppen und Bühnen zugeschnitten. Ebenso ist es beim „Abenteuer im Haxtergrund“. Die Grundszenerie der Großmutter, die von Räubern bedroht wird, ist alt. Wir haben das Stück in den Haxtergrund verlegt und mit viel Lokalkolorit ausgeschmückt.
HEFTchen:
In den Ankündigungen zu den Familienstücken schreiben Sie meistens, dass die Aufführungen geeignet sind für Kinder ab 3 Jahren. Meine Tochter ist fast drei, aber ich weiß nicht, ob es sie auf dem Stuhl hält, wenn der Kasper in Schwierigkeiten gerät. Das ist doch spannend für Sie als Aufführenden, oder?
HUSEMANN:
Natürlich, aber die Kinder sollen ja auch nicht einfach stillsitzen. Bei der Puppenbühne ist Mitmachen und Reinrufen erlaubt und erwünscht. Ich möchte gerade etwas als erste Theatererfahrung für Kinder anbieten. Allerdings habe ich in letzter Zeit manchmal erleben müssen, dass Kinder sich zunehmend lieber mit den bösen Räuber identifizieren wollen und sogar den Kasper verpetzen. Aber ich habe gelernt damit umzugehen. Schwieriger finde ich es, wenn einzelne Kinder permanent die Vorstellung stören wollen und die Eltern danebensitzen und das Engagement der Kinder auch noch toll finden und nicht eingreifen. Dafür brauche ich noch eine Idee, vielleicht muss der Kasper dann eine gelbe oder rote Karte ziehen und einen Platzverweis androhen.
HEFTchen:
Gibt es Stücke im Programm, die sich für Einsteiger ausgesprochen eignen?
HUSEMANN:
Ich würde sagen „Bobby hat Bauchweh“ oder „Kasper und der Hasenhüter“. Interessierte Zuschauer können sich aber auch von mir beraten lassen und einen Rückruf über die Kasperhotline anfordern.
HEFTchen:
Was mir in Ihren Stücken so gut gefällt ist, dass sie eigentlich Kasperstücke sind, wie man sie sich vorstellt. Sie sind auch ziemlich zeitlos und biedern sich nicht an die Kinder an. Da spielt keiner Nintendo oder macht peinliche Versuche, Jugendsprache einzufangen. Welchen Anspruch haben Sie an Ihr Puppenspiel?
HUSEMANN:
Ich fühle mich Traditionen tatsächlich verpflichtet und möchte zeigen, dass sie noch heute Bestand haben können. Insgesamt möchte ich, glaube ich, in meinen Stücken drei Tugenden vermitteln, die ich für ganz wichtig erachte: Mut, das Leben zu meistern, Hilfsbereitschaft und Humor.
HEFTchen:
Das bringt mich dazu zurück, wie Sie zum Puppenspieler wurden. Am Anfang stand der „Feuerwehrkasper“, richtig?
HUSEMANN:
Im Kindergarten meiner Söhne hatte ich Hohensteiner Handpuppen gesehen, und ein Traum von mir war es, diesen Kasper einmal zu spielen. Damals leitete ich die Jugendfeuerwehr, und die sollte bei einem Tag der offenen Tür 1993 die Kinderbetreuung übernehmen. Wir haben uns dann ein Stück über Brandschutz ausgedacht und durften die Puppen ausleihen. Das hat allen Beteiligten sehr viel Spaß gemacht und wurde ein riesiger Erfolg, so dass wir das Projekt weitergeführt und deutschlandweit ausgedehnt haben. Den Feuerwehrkasper gibt es bis heute. Ich habe dann in Lehrgängen zum Beispiel beim Puppenspieler Trixini, der damals in Paderborn noch eine feste Bühne hatte, Puppenspiel gelernt. Inzwischen habe ich selbst ein Handbuch geschrieben und biete Workshops an.
HEFTchen:
Ich würde gerne mal lernen, wie ich die Puppen meiner Kinder zum Leben erwecke, ohne immer auf den Räuber Hotzenplotz zurück zu fallen und hinterher steife Finger zu haben.
HUSEMANN:
Voraussichtlich im April werde ich wieder Workshops anbieten.
HEFTchen:
Zum Abschluss möchte ich noch kurz auf die Puppenspielwochen zu sprechen kommen, die ja wieder anstehen und in Paderborn schon eine lange Tradition haben.
HUSEMANN:
Der damalige Kulturamtsleiter Dr. Säuberlich hat sie vor über 30 Jahren ins Leben gerufen. Und vor inzwischen auch einigen Jahren hat der jetzige Kulturamtsleiter Christoph Gockel-Böhmer Nelo Thies und mich angesprochen, ob wir dabei zusammen arbeiten wollen. Und so machen wir nun auch Vorschläge zur Programmgestaltung oder laden befreundete Bühnen ein. Und wenn es meine Zeit erlaubt, übernehme ich auch gerne mal die Betreuung der Künstler, helfe beim Auf- und Abbau usw.
HEFTchen:
Gibt es im aktuellen Programm etwas, auf das Sie besonders gespannt sind?
HUSEMANN:
Über die Inszenierung „Hannes und Paul“ habe ich schon viel gelesen. Es geht dabei um eine erste Liebe im Nationalsozialismus – zwischen zwei Jungen. Das scheint mir ein mutiges Thema zu sein, auf dessen Umsetzung ich sehr gespannt bin.
HEFTchen:
Vielen Dank an alle hier für das nette Gespräch. Wie immer habe ich viel gelernt und viele neugierige Fragen beantwortet bekommen.